Zum Hauptinhalt springen

Saprea > Blog > Alle Blogs >Sexuelle Belästigung im Internet

TEILE DIESEN ARTIKEL AUF:
6172:full

Sexuelle Belästigung im Internet

Eva kann nicht glauben, dass ausgerechnet Daniel mit ihr gehen will, einer Siebtklässlerin mit Pickelgesicht, die seit ihrem ersten Völkerball-Spiel in ihn verknallt ist. Eva hatte noch nie einen Freund. Als Daniel ihr ein Nacktfoto von sich schickt und sie um eins von ihr bittet, lacht sie nur und schickt stattdessen ein anzügliches Emoji. Aber als Daniel ihr vorwirft, sie sei „zu verklemmt“ und nicht so locker wie andere Mädchen, mit denen er zusammen war, gibt Eva schließlich nach und schickt das Foto. Sie fühlt sich nicht wohl dabei, aber sie will nicht, dass Daniel sie als zu langweilig abstempelt und mit ihr Schluss macht. Außerdem hat sie auf dem Foto immer noch ihren BH und ihre Unterwäsche an, also ist es gar nicht so schlimm. Und okay, sie leckt zwar ein Wassereis auf dem Foto ab, aber das ist doch nur ein Scherz - genau wie die Emoji.

Eine Woche später findet Eva heraus, dass Daniel ihr Foto mit seinen Freunden aus seiner Fußballmannschaft geteilt hat. Ein paar Tage später erstellt die Freundin eines der Spieler einen Fake-Account von Eva in den sozialen Medien und verwendet das nahezu nackte Foto als Profilbild. Zahlreiche Klassenkameraden hinterlassen auf dem Profil Kommentare über ihren Körper, ihr Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und ihr schäbiges Verhalten. Einige teilen sogar Fotos von Mitschülern, die sie attraktiver finden als Eva, und fordern andere auf, jedes Foto zu bewerten oder herabzustufen.

Eva ist völlig aufgelöst und weiß nicht, was sie tun soll. Sie will es keinem Erwachsenen erzählen, vor allem nicht ihren Eltern. Sie würden sie wahrscheinlich nie wieder auf dieselbe Weise ansehen. Vielleicht würden sie ihr sogar das Telefon wegnehmen, das Evas einzige Verbindung zu den wenigen Freunden ist, die sie noch hat. Und außerdem, ist es nicht sowieso ihre Schuld, dass sie Daniel das Foto geschickt hat? Das würde wahrscheinlich auch die Polizei sagen.

Eva fragt sich, ob all das Mobbing und die Demütigungen genau das sind, was sie verdient hat. Aus Scham und Verzweiflung beschließt sie, es niemandem zu sagen. Stattdessen täuscht sie vor, krank zu sein, um ihre Klassenkameraden in der Schule nicht mehr sehen zu müssen. Und als Daniel sie bittet, ihm ein weiteres Foto zu schicken - diesmal völlig nackt - tut sie es. Denn ehrlich gesagt ist es ein Wunder, dass er nach all dem immer noch etwas mit ihr zu tun haben will.

Technologie und die Jugend von heute

Technologie und digitale Medien sind auf der ganzen Welt zu einem festen Bestandteil des täglichen Lebens geworden. Der Zugang zu Smartphones, Laptops, Tablets und anderen Internetgeräten ist weit verbreitet und spielt eine zentrale Rolle in der Bildung, Unterhaltung, Beschäftigung und sozialen Vernetzung. Das gilt besonders für Kinder und Jugendliche. Schätzungen zufolge nutzt bereits jedes dritte Kind weltweit das Internet.1 In den USA geben 95 % der Teenager an, ein Smartphone zu besitzen oder Zugang zu einem solchen zu haben. Außerdem geben 45 % der Jugendlichen an, dass sie fast ständig online sind.2

Dieser weit verbreitete Zugang bietet Jugendlichen aufregende Möglichkeiten für schulische Leistungen, Selbstentdeckung, Selbstdarstellung und soziale Kontakte. Jugendliche schreiben der Technologie, insbesondere den sozialen Medien, zu, dass sie dadurch die folgenden Aspekte ihres Lebens verbessern können:3

  • Freundschaften stärken.
  • sich über verschiedene Ansichten und Standpunkte austauschen.
  • das Bewusstsein für Anliegen schärfen, die ihnen wichtig sind.
  • Unterstützung in schwierigen Zeiten erhalten.
  • sich mit den Menschen in ihrem Leben verbundener zu fühlen.

Viele sind auch der Meinung, dass die digitale Technologie einen sicheren Raum bietet, um sich mit anderen zu treffen und mit ihnen in Kontakt zu treten, die ähnliche Interessen, Ziele und Hintergründe haben.3 Dies gilt insbesondere für Jugendliche, die sich als LGBTQ+ identifizieren und soziale und romantische Beziehungen suchen.4 Digitale Medien und Technologie können Jugendliche auch mit Informationen und Bildung in Bezug auf sexuelle Gesundheit und Entwicklung versorgen, die sonst vielleicht nicht zur Verfügung stünden, insbesondere bei einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen.5

Neben diesen zahllosen Vorteilen birgt der verstärkte Zugang zu Internetgeräten für Jugendliche auch neue Risiken. Eines dieser Risiken ist sexuelle Belästigung im Internet, wie sie Eva erlebt hat.

 

Definition von sexueller Belästigung im Netz 

Sexuelle Belästigung im Internet bedeutet, dass sexuelle Inhalte - wie Bilder, Videos oder Posts - als Waffe eingesetzt werden, um zu belästigen, auszunutzen, zu demütigen, zu bedrängen, zu nötigen oder zu bedrohen. Sie kann eine Vielzahl von unerwünschten sexuellen Verhaltensweisen umfassen und auf jeder digitalen Plattform auftreten, ist aber besonders häufig über Apps und Plattformen mit unkontrollierten Livestreams, geteilten Inhalten und Direktnachrichten (Facebook, Instagram, Snapchat, YouTube).6

Opfer von sexueller Belästigung im Netz fühlen sich oft allein gelassen, haben Angst, schämen sich und fühlen sich hintergangen und ausgeschlossen. Leider ist es aufgrund der aufdringlichen und allgegenwärtigen Online-Kommunikation schwierig, diesen Gefühlen zu entkommen, selbst in der Privatsphäre eines Schlafzimmers oder anderer vertrauter Bereiche.

Obwohl sie ein breites Spektrum an Verhaltensweisen umfasst, kann sexuelle Belästigung im Internet in vier Hauptkategorien eingeteilt werden:6

  • Nicht-einvernehmliche Verbreitung von intimen Bildern und Videos
  • Ausbeutung, Nötigung und Drohungen
  • Sexualisiertes Mobbing
  • Unerwünschte Sexualisierung

Nicht genehmigte Weitergabe von Bildern und Videos 

Ein zentrales Element dieser Art von Online-Belästigung ist der steigende Trend zum sogenannten Sexting. Sexting ist das Erstellen und Teilen von selbst erstellten Inhalten, einschließlich sexueller Bilder, Videos oder SMS.7 Das kann von expliziten Inhalten, wie Nacktfotos oder Videoclips von sexuellen Handlungen, bis hin zu teilweiser Nacktheit, erotischen Posen und anderen Formen sexueller Anspielungen reichen.

Für viele Jugendliche ist Sexting ein Mittel, um zu flirten, zu erregen, zu experimentieren und sexuelle Beziehungen und Identitäten zu erkunden. Doch selbst wenn es sich um Einverständnis zwischen zwei Teenagern handelt, bleibt die Rechtmäßigkeit dieses Einverständnisses umstritten. Vor allem Mädchen fühlen sich aufgrund geschlechtsspezifischer Normen und Erwartungen eher genötigt oder unter Druck gesetzt, mit einem Gleichaltrigen zu sexten. Sexting-bezogener Druck ist auch unter LGBTQ+-Jugendlichen verbreitet, die oft stärker auf Online-Interaktionen angewiesen sind, um ihre Sexualität zu erkunden.8

Doch selbst wenn ein Foto während einer einvernehmlichen (oder mit Einverständnis wahrgenommenen) Sexting-Interaktion zwischen zwei Personen geteilt wird, kann dieses Bild ohne das Einverständnis des Absenders an andere weitergeleitet werden. Dies wird als nicht einverständliche Weitergabe von Bildern oder als sexueller Missbrauch durch Bildmaterial bezeichnet.

Aber wieso würde ein Teenager so einen Missbrauch begehen? Einer der Gründe könnte sein, dass sie Anerkennung oder Status unter Gleichaltrigen gewinnen wollen.4 Der Wunsch, zu tratschen, sich mehr einbezogen zu fühlen und mehr an der Online-Konversation teilzunehmen, könnte sie motivieren.9 Vor allem Jungen im Teenageralter haben berichtet, dass sie an bildbasiertem sexuellen Missbrauch teilgenommen haben, um ihre Freunde zu beeindrucken, ihre Männlichkeit zu beweisen und ihre sexuellen Fähigkeiten zu demonstrieren.10

Unabhängig von Alter und Geschlecht ist es nicht ungewöhnlich, dass Jugendliche mit sexuellem Missbrauch durch Bildmaterial sorglos umgehen. In einer Studie gab zum Beispiel fast ein Viertel der Jugendlichen an, dass sie ein Sextingbild als Scherz weitergeschickt hätten. Und bei einer Stichprobe von Jugendlichen, die ein weitergeleitetes Bild erhalten hatten, sagten 72 %, sie hätten nichts unternommen.8

Ein weiteres häufiges Motiv für sexuellen Missbrauch durch Bildmaterial ist „Rache-Porno“ oder der Versuch, sich an einem Ex zu rächen, nachdem eine Beziehung endete.11 Der unerlaubte Austausch von Bildern findet jedoch nicht nur unter Liebespartnern und Expartnern statt. Er kann von einem Klassenkameraden, einem Freund, einem Bekannten oder einem Fremden begangen werden und von dem Wunsch getrieben sein, jemanden zu schädigen, zu manipulieren, zu belästigen oder zu schikanieren.

Ausbeutung, Nötigung und Drohungen 

Diese Motive sind auch in der zweiten Kategorie der sexuellen Belästigung im Internet zu finden, bei der es um Ausbeutung, Nötigung und Drohungen geht. In dieser Kategorie können Verhaltensweisen wie bildbasierter sexueller Missbrauch auch als eine Form der Erpressung eingesetzt werden, bei der das Opfer gezwungen wird, etwas zu tun, um zu verhindern, dass seine dokumentierten sexuellen Aktivitäten (egal ob echt oder vorgetäuscht) an die Öffentlichkeit gelangen. Diese Taktik der Ausbeutung ist ein Beispiel für sexuelle Erpressung (oder Sextortion).11 In solchen Fällen kann das Opfer gezwungen werden, sich an sexuellen Handlungen zu beteiligen, z. B. zusätzliche sexuelle Inhalte zu erstellen und zu teilen.

Ein Jugendlicher könnte sich z. B. gezwungen oder unter Druck gesetzt fühlen, ein Nacktfoto zu teilen, wenn die Person, die ihn belästigt, bereits private Informationen oder Inhalte besitzt, die das Opfer nicht veröffentlichen möchte. Dabei kann es sich um Details über die Sexualität des Opfers oder frühere sexuelle Erfahrungen handeln, aber auch um ein bereits vorhandenes Nacktbild oder einen Screenshot aus einem Sexgespräch. Im Szenario von Eva schickt sie Daniel ein weiteres Foto, weil sie befürchtet, dass er noch mehr von ihren privaten Unterhaltungen preisgibt, wenn sie nicht kooperiert.

In anderen Fällen wird das Opfer gezwungen, Zahlungen zu leisten oder bestimmte Gefallen zu tun, um den Erpresser zu beschwichtigen. Zusätzlich zur Veröffentlichung privater Inhalte können sie auch mit Drohungen konfrontiert werden, z. B. gehackt zu werden, „doxed“ zu werden (d. h., dass Kontaktinformationen veröffentlicht werden) oder online oder persönlich sexuelle Übergriffe zu erleiden.

Sexualisiertes Mobbing 

Während die Erpressung dazu dient, jemanden unter Zwang zu einer bestimmten Handlung zu drängen, kann sexualisiertes Mobbing ein viel breiteres Spektrum an Verhaltensweisen und Beweggründen umfassen. Bei dieser Art der Belästigung werden sexuelle Inhalte als Waffe eingesetzt, um jemanden zu demütigen, zu erniedrigen, zu entwürdigen und/oder zu diskriminieren. Das kann vom einfachen „Liken“ oder Kommentieren eines Beitrags bis hin zum Teilen von Inhalten reichen, die Belästigung und Mobbing ermutigen.

Oft geht sexualisiertes Mobbing mit Aggression und Feindseligkeit einher und kann durch den Wunsch motiviert sein, jemandem zu schaden, sich zu rächen, Vergeltung für frühere Belästigungen auszuüben oder andere aus der größeren Gruppe auszuschließen.7 Dies ist insbesondere bei Fällen der „Hassrede“ oder der Verwendung diskriminierender sexueller Begriffe gegenüber Angehörigen rassischer oder sexueller Minderheiten der Fall. Auch Cyberstalking, das Verbreiten von Gerüchten über das Sexualverhalten einer Person, das Erstellen eines falschen Profils, um sich als eine andere Person auszugeben, oder das „Outing“ der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität einer Person ohne deren Einverständnis können dazu gehören.6

Während persönliche Rachegelüste oft der Grund für diese Art von Verhalten sind, kann sexualisiertes Mobbing auch die Folge eines Witzes sein, der zu weit geht, oder einer Grenzüberschreitung, um Gleichaltrige zu beeindrucken, zu amüsieren oder von ihnen akzeptiert zu werden. Da „sexuelles Geplänkel“ ein zentraler Bestandteil vieler Flirts, Interaktionen und anderer Bindungserfahrungen unter Jugendlichen ist, kann es für Jugendliche schwierig sein, den Unterschied zwischen verspielten Witzen und gefährlicher Belästigung zu erkennen.6 Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Cliquendynamik ins Spiel kommt und ein Jugendlicher sich unter Druck gesetzt fühlt, der größeren Gruppe zu gefallen oder sie zu unterhalten. In diesen Fällen können Jugendliche auch durch den so genannten (Online Disinhibition Effect) Online-Enthemmungseffekt ermutigt werden, der sich auf Verhaltensweisen bezieht, die sie im geschützten Online-Bereich tun, aber in der Öffentlichkeit nie tun würden.

Unerwünschte Sexualisierung 

Diese fehlende Hemmschwelle kann auch zur vierten Kategorie der sexuellen Belästigung im Internet beitragen - die unerwünschte Sexualisierung. Hierbei geht es darum, jemandem unerwünschte sexuelle Inhalte im Netz zu senden. Dieser Inhalt kann ein sexualisierter Kommentar sein, der unter das Foto einer Person gepostet wird oder ein pornografisches Bild, ein Emoji, eine Nachricht, ein Scherz oder eine Aufforderung sein. Dies kann in einem privaten Bereich geschehen, z. B. als unerwünschter Annäherungsversuch in einer Direktnachricht, oder in einem öffentlichen Bereich, z. B. in einem Gruppenchat oder auf dem Social-Media-Profil einer Person.

Diese Art der Sexualisierung kann auch bedeuten, dass Inhalte über das Opfer mit anderen geteilt werden, mit der Intention, sie zu sexualisieren oder zu objektivieren. Ein Beispiel hierfür ist die Bearbeitung eines Fotos einer Person, um sie aufreizender darzustellen, und anschließend das Veröffentlichen dieses Fotos im öffentlichen Raum. Es könnte auch bedeuten, dass ein Bild von jemandem gepostet wird und sexuelle Kommentare zu diesem Bild gemacht werden und/oder andere dazu aufgefordert werden, die Attraktivität der Person zu bewerten. Mädchen sind besonders gefährdet, Opfer dieser Art von Online-Belästigung zu werden, die oft Geschlechterstereotypen, Ansprüche und Erwartungen verstärkt.6

Ähnlich wie sexualisiertes Mobbing das Ergebnis eines zu weit gehenden Witzes sein kann, kann ungewollte Sexualisierung auf fehlgeleitete Versuche zurückzuführen sein, Komplimente zu machen, zu schmeicheln oder zu flirten. Trotz dieser Absichten führt ungewollte Sexualisierung dazu, dass sich die andere Person gedemütigt, blamiert, verletzt oder objektiviert fühlt und zeigt, dass sie die eigenen Grenzen, Vorlieben und Empfindungen nicht versteht. Dies kann auch darauf zurückzuführen sein, dass solche Verhaltensweisen normalisiert werden, was dazu führt, dass das Opfer nicht ernst genommen wird oder nicht versteht, wie sich unerwünschte Sexualisierung und andere Arten von sexueller Belästigung im Internet auf das Opfer auswirken können.12

Auswirkungen sexueller Belästigung im Internet 

Solche Auswirkungen können sich auf viele Lebensbereiche eines Jugendlichen auswirken. Auf juristischer Seite kann ein Teenager, der ein selbst erstelltes sexualisiertes Foto verschickt, wegen der Verbreitung von „Kinderpornografie“ angeklagt werden. Auch andere Beteiligte, z. B. diejenigen, die die Bilder erhalten oder weiterleiten, könnten sich strafbar machen. In einigen US-Staaten kann ein Teenager, der Sexting betreibt, gleichzeitig als Täter und als Opfer angeklagt werden. Neben den rechtlichen Konsequenzen laufen Jugendliche, deren sexuelle Abbildungen oder sensible Informationen veröffentlicht wurden, auch Gefahr, von Arbeits- und Bildungschancen ausgeschlossen zu werden.5

Auf einer emotionalen Ebene kann sexuelle Belästigung im Internet das geistige und emotionale Wohlbefinden eines Jugendlichen stark beeinflussen. Die Opfer haben oft mit Gefühlen der Scham, Hilflosigkeit und Reue zu kämpfen, die in einigen Fällen so weit gehen, dass sie nicht mehr zur Schule gehen und sich ihren Mitschülern stellen wollen, wie es bei Eva der Fall war.9 Verstärkt wird die Demütigung dadurch, dass bei nicht einverständlich geteilten Inhalten oft dem Absender des Bildes die Schuld gegeben wird und nicht der Person, die es mit anderen geteilt hat.6 Infolgedessen können die Opfer vermehrt Depressionen, Angstzustände, Selbstverletzungen, Mobbing und Belästigungen in der Öffentlichkeit sowie andere Formen der Viktimisierung erleben, sei es online oder offline. Dies gilt insbesondere für Mädchen, die im Allgemeinen mehr Negativfolgen durch Sexting erfahren als Jungen.10

Jede dieser Auswirkungen kann wieder auftauchen oder hervorgerufen werden, wenn der Inhalt zu einem späteren Zeitpunkt erneut im Internet geteilt wird, was zu einer erneuten Viktimisierung führt.6

Doch trotz dieser negativen Folgen trauen sich Jugendliche oft nicht, ihre sexuelle Belästigung im Internet zu melden. Vielen ist es zu peinlich, Hilfe zu suchen, oder sie befürchten, dass sie durch das Melden der Belästigung nur noch verwundbarer werden.6 Hinzu kommt die Angst, dass sie für die erlebte Belästigung verantwortlich gemacht werden und dass Erwachsene darauf reagieren, indem sie ihren Zugang zum Internet einschränken oder ihre Geräte ganz entfernen. Diese Maßnahmen werden von den Opfern nicht nur als Bestrafung (und damit als Bestätigung ihrer Schuld) empfunden, sondern sie werden auch von ihrer wichtigsten sozialen Verbindung abgeschnitten, und dass in einer Zeit, in der sie sich ohnehin schon angegriffen und ausgeschlossen fühlen.13

Was kann ich gegen sexuelle Belästigung im Internet tun? 

Angesichts der Tatsache, dass die digitale Welt zu einem so wichtigen Bestandteil der heutigen Lebensweise geworden ist, können Eltern versuchen, die Verbindungen, Erfahrungen und Interaktionen, die ihre Kinder im Netz machen, besser zu verstehen. Sie können auch mit ihren Kindern darüber sprechen, wie sie sich sicherer in dieser digitalen Landschaft bewegen und welche Risiken und Verantwortungen mit ihrem digitalen Fußabdruck verbunden sind. Kinder meinen manchmal, dass sie die Ausnahme der Regel sind und dass die Risiken des Teilens von intimen Informationen und Fotos nicht auf sie zutreffen. Sie haben vielleicht auch ein falsches Gefühl der Unbesiegbarkeit, vor allem in Apps wie Snapchat, wo man davon ausgeht, dass alles, was man mit anderen teilt, sofort gelöscht wird, ohne dass jemand vorher einen Screenshot macht.

Parallel zur Besprechung von Risiken können Eltern mit ihren Kindern kontinuierliche, offene Gespräche über gesundes Verhalten und Beziehungen führen, sowohl online als auch offline. Dazu gehören Themen wie Gruppendruck, Grenzen, Einverständnis, Geschlechterstereotypen, gesunde Kommunikation, sexuelle Entwicklung, die Permanenz von Online-Inhalten und was unter Belästigung zu verstehen ist. Besonders hilfreich kann es sein, mit Kindern über die langfristigen Auswirkungen zu sprechen, die sexuelle Belästigung - online oder auf andere Weise - auf andere haben kann.

Eltern könnten verschiedene Szenarien durchspielen und ihre Kinder fragen, wie sie in der jeweiligen Situation reagieren würden und wie sich die anderen Beteiligten in dem Szenario fühlen würden. Forschungen haben ergeben, dass diese Art des Rollenspiels effektiver ist als die Auflistung aller Regeln und Konsequenzen.6 Angesichts der Tatsache, wie sehr die Technologie mit anderen Lebensbereichen verwoben ist, können Eltern auch erwägen, digitale Sicherheit und allgemeine Sicherheit als ein und dasselbe zu behandeln. Eltern könnten zum Beispiel die digitalen Aspekte einer Beziehung - wie SMS und den Austausch von Bildern - in jedes Gespräch mit ihren Teenagern zum Thema Romantik, Beziehung und Sexualerziehung einbeziehen.

In Fällen, in denen ein Kind oder ein Jugendlicher bereits sexuell belästigt wurde (online oder offline), ist es wichtig, dass die Eltern mit Verständnis, Mitgefühl und Unterstützung reagieren und nicht mit Scham oder Verurteilung. Die Einschränkung des Internetzugangs des/der Jugendlichen verstärkt nicht nur die Schuldzuweisung, sondern verringert auch die Wahrscheinlichkeit, dass der/die Jugendliche in künftigen Situationen zu den Eltern kommt und Hilfe sucht. Stattdessen können Eltern versuchen zu verstehen, was das Kind durchgemacht hat und welche Einzelheiten die Situation aufweist.6 Durch diese Offenheit und dieses Einfühlungsvermögen können Eltern besser auf sexuelle Belästigung im Internet reagieren, zukünftige Vorfälle verhindern und ihre Kinder ermutigen, sich ihnen anzuvertrauen, wenn doch etwas passiert.

Es gibt noch weitere Möglichkeiten, wie Eltern dazu beitragen können, die digitale Sicherheit ihres Kindes zu stärken:

  • Lehre deinem Kind die grundlegenden Merkmale einer gesunden Beziehung, wie Respekt, Einverständnis, Authentizität und Ehrlichkeit. Dazu gehört auch, Jugendlichen, vor allem heterosexuellen Jungen, zu erklären, wie wichtig es ist, Fotos von der/dem Ex aus Respekt zu löschen und jede Versuchung oder jeden Druck zu vermeiden, diese Fotos mit anderen zu teilen.
  • Erkläre dem Kind, wie Sexting eine gesunde Beziehung stören kann, besonders wenn Machtdynamik, sozialer Druck und Geschlechterstereotypen ins Spiel kommen.
  • Informiere dich über riskantes Online-Verhalten und kläre dein Kind darüber auf, wie solche Verhaltensweisen allen Beteiligten schaden können.
  • Sei ein Vorbild im Umgang mit den sozialen Medien und der Bildschirm-Zeit. 
  • Informiere dich über die Fragen, Sorgen und Neugierde deines Kindes im Zusammenhang mit Online-Interaktionen und -Verhalten.
  • Versichere deinem Kind, dass seine Sicherheit und sein Wohlergehen das Wichtigste sind - mehr als sein Ruf.

Wenn Eltern sich proaktiv mit gesunden Grenzen, Kommunikation und Einverständnis - sowohl online als auch offline - auseinandersetzen und diese vorleben, sind Kinder und Jugendliche besser darauf vorbereitet, auf gesunde Weise mit anderen in Kontakt zu treten und sichere und verantwortungsvolle Internetnutzer/innen in unserem digitalen Zeitalter zu werden.

Weitere Informationen zur digitalen Sicherheit und wie du dein Kind besser auf die Risiken im Internet vorbereiten kannst, findest du auf Thorn.orgAmaze.orgNoFiltr.org, und CommonSense Education. Wenn du oder jemand, den du kennst, von sexuellem Kindesmissbrauch betroffen ist, kannst du hier mehr über die heilsamen Ressourcen von Saprea erfahren.

Über den Autor

Image

Breeann Allison

Strategieberaterin der Forschungsabteilung und Programmentwicklung
Breeann kam Ende 2018 als Bildungskoordinatorin zu Saprea. Sie hat einen Bachelor of Arts in englischer Literatur mit dem Nebenfach Lektorat von der Brigham Young University. Derzeit arbeitet sie als Mitglied des Forschungs- und Programmentwicklungsteams und als Co-Leiterin des Saprea Healing Webinars. Sie ist außerdem die Autorin des Saprea Arbeitsbuchs Hoffnung wiederfinden und Mitautorin von Warum fühle ich mich immer noch so? Ändere dein Verhältnis zum Trauma sexuellen Kindesmissbrauchs. Sie arbeitete sieben Jahre lang im Verlagswesen, zuerst als Lehrplanentwicklerin bei Gibbs Smith Education und dann als Redakteurin bei FranklinCovey. In ihrer Freizeit schreibt sie gerne Belletristik, verwöhnt ihre Nichten und Neffen und verteidigt die Wichtigkeit des Oxford-Kommas.