„Niemand würde einem Kind mit einer Behinderung wehtun. Die Behinderung beschützt sie.“

„Kinder mit einer geistigen Behinderung können kein Trauma erleben, weil sie sich nicht daran erinnern können, was passiert ist.“

„Es ist nicht angebracht, mit Kindern mit Behinderungen über das Thema Sexualität zu sprechen. Sie können es noch nicht einmal verstehen und es wird ihnen nur Ideen in den Kopf setzen.“

Missverständnisse

Es gibt viele falsche Vorstellungen über Kinder mit Behinderungen und was das Thema sexueller Missbrauch angeht. Als Therapeutin und Pädagogin glaube ich, dass es extrem wichtig ist, solche Fehlinformationen aus dem Weg zu räumen und offen über die Häufigkeit von sexuellem Missbrauch von Kindern mit Behinderungen und die Auswirkungen auf Kinder, Familien und die Gesellschaft zu sprechen.

Statistiken

Die Statistiken sind alarmierend. Kinder mit einer Behinderung sind mindestens dreimal mehr gefährdet, Opfer von sexuellem Missbrauch zu werden als ihre Altersgenossen. Die Anfälligkeit steigt bei Kindern mit Mehrfachbehinderungen, darunter auch Kommunikationsstörungen. Es ist auch wahrscheinlicher, dass der Missbrauch chronisch und andauernd ist. Wenn du dir die Forschung über die Lebenszeitraten von Sexualverbrechen gegen Frauen mit Entwicklungsstörungen ansiehst, liegen die Zahlen irgendwo zwischen 68 und 83 %. Das bedeutet, dass weit mehr als die Hälfte der Frauen mit einer Entwicklungsbehinderung im Laufe ihres Lebens Opfer sexueller Gewalt werden. Für viele dieser Frauen begann der Missbrauch in der Kindheit.

Die Ursachen

Es gibt viele Gründe, warum Kinder mit Behinderungen einem erhöhten Risiko für Missbrauch ausgesetzt sind. Dazu gehören die Hilfsbedürftigkeit bei der Körperpflege (oft ohne Ablehnungsrecht), der Wunsch, sich anzupassen und von anderen gemocht und akzeptiert zu werden, die Unfähigkeit, Missbrauch aufgrund von Kommunikationsschwierigkeiten zu melden, körperliche Einschränkungen, die eine Flucht verhindern, die Abhängigkeit und das Vertrauen von Betreuern, fehlende Aufklärung über gesunde Sexualität und sexuellen Missbrauch sowie gesellschaftliche Vorurteile, dass eine Behinderung sie vor sexuellem Missbrauch schützt.

Die Lösung

Was können wir als Eltern und Betreuungspersonen tun, um Kinder mit Behinderungen zu schützen? Das Folgende ist ein allgemeiner Überblick, aber bedenke, dass du dein Kind, seinen Entwicklungsstand und seine speziellen Bedürfnisse am besten kennst.

01
VERSTEHE DIE ANZEICHEN
Reaktionen auf Traumata sowie körperliche und verhaltensbezogene Anzeichen von Missbrauch sind bei Kindern mit und ohne Behinderung gleich. Für einige Kinder mit Behinderungen kann es jedoch schwieriger sein, Veränderungen mit Missbrauch in Verbindung zu bringen.
02
LEHRE PRIVATSPHÄRE, GRENZEN UND GEFAHRLOSE BERÜHRUNGEN, SOWIE EINVERSTÄNDNIS UND WIE MAN NEIN SAGT.
Rollenspiele zu bestimmten Situationen können deinem Kind und dir helfen daran zu arbeiten, wie man auf ähnliche Situationen reagieren kann.
03
ENTWICKLUNGSGEMÄSSE SEXUELLE ENTWICKLUNG VERMITTELN.
Eltern befürchten vielleicht, dass wenn sie über Sex sprechen, ihre Kinder zu sexuellen Experimenten ermutigt werden. Kinder mit Behinderungen, die Eltern haben, die sich auf kontinuierliche Gespräche über eine gesunde sexuelle Entwicklung einlassen, sind jedoch besser darauf vorbereitet, sich vor Missbrauch zu schützen.
04
LEHRE DEIN KIND EINEN AUSREICHENDEN WORTSCHATZ, UM MISSBRAUCH ZU MELDEN.
Bei Kindern mit erheblichen Kommunikationsbedürfnissen kann dies durch den Einsatz von augmentativen und alternativen Kommunikationsmethoden geschehen.
05
NIMM NICHT AN, DASS JEDES VERHALTEN MIT DER BEHINDERUNG ZUSAMMENHÄNGT UND VERWIRF ES.
Verhalten ist eine Form der Kommunikation und die problematischen Verhaltensweisen eines Kindes können auf sexuellen Missbrauch zurückzuführen sein.
06
SOLLTE ES ZU SEXUELLEM MISSBRAUCH KOMMEN, MELDE ES UND HOLE DIR HILFE.
Unabhängig von der Art und Schwere ihrer Behinderung erleiden Kinder mit Behinderungen ein Trauma und werden durch den sexuellen Missbrauch negativ geprägt. Tatsache ist, dass sich Kinder mit Behinderungen seltener von traumatischem Stress erholen als ihre Altersgenossen ohne Behinderungen. Interventionen wie die traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie, EMDR, Spieltherapie und interaktive Eltern-Kind-Therapie wurden erfolgreich eingesetzt, um Kindern mit einer Reihe von Behinderungen zu helfen.

Kinder mit Behinderungen sind nicht „sicher“ vor sexuellem Missbrauch, sie sind sogar noch stärker gefährdet. Mit den oben genannten Tipps kannst du dein Kind besser schützen. Lasse nicht zu, dass falsche Vorstellungen dich davon abhalten, dich oder dein Kind aufzuklären und zu schützen.

Dr. Betsy Kanarowski, Ph.D., L.C.S.W. Leiterin der klinischen Dienstleistungen

Betsy Kanarowski

Betsy verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung als Psychiatrische Fachkraft, die sich dem Dienst an Frauen, Paaren, Kindern und Familien widmet. Sie hat einen PhD in Sonderpädagogik von der University of Utah, einen Master-Abschluss in Sozialarbeit von der University of Denver und einen Bachelor-Abschluss in Sozialarbeit von der University of Wyoming. Sie ist lizenzierte klinische Sozialarbeiterin (LCSW) und absolvierte eine postgraduale Ausbildung in Sexualtherapie. Sie liebt die Natur, Reisen, Lesen und Zeit mit ihrer Familie und lächerlich verwöhnten Hund verbringen.

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